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Quo vadis Classic Cars???

Nachfolgend will ich zu meinem Besuch bei der Veranstaltung des „Swiss Car Register“ (SR) www.swisscarregister.ch am 26. April 2022 in Safenwil berichten. Der erste Teil behandelte die Thematik „Quo Vadis Classic Cars“, im zweiten Teil ging es um „Quo Vadis Future Mobility“. Ich hatte vielfältigen und sehr netten Kontakt mit diversen Leuten vom Jaguar Drivers´ Club Switzerland (JDCS), SCR und der Emil Frey AG. Die wichtigsten waren der neue Präsident des JDCS Philipp Husistein, sein Vize Georg Dönni, der Clubsekretär Christoph Gössi, die Ex-Präsidenten Christian Jenny und Hans Kuny sowie der Geschäftsführer der Emil Frey Classics AG Hannes Gautschi und dem Präsidenten der SCR Foundation Urs Ramseier.

Die Einladung mit Tagesordnung ist im Anhang zu finden. Das SCR ist in direkter Nachbarschaft zum „Emil Frey Classic Center“ in Safenwil untergebracht. Safenwil liegt im Kanton Aargau an der Autobahn A1 in Richtung Zürich, etwa 140 km von meinem Wohnort entfernt. Emil Frey war der erste ausländische Handelspartner von William Lyons und in der Sammlung steht ein echter Swallow Sidecar von 1926 im Originalzustand. Ein weiterer in sehr schlechtem Zustand wird im nicht allgemein zugänglichen Lager aufbewahrt. Das Classic Center ist ein sehr repräsentativer Bau, auf www.emilfreyclassics.ch ist alles darüber zu finden. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte ich telefonischen Kontakt zu Simon Bundi, dem Leiter des Museums und sprach am Dienstag persönlich mit Hannes Gautschi. Mit ihm habe ich abgesprochen, dass sowohl Besuche des Museums als auch der Sammlung und der Werkstatt für Gruppen überhaupt kein Problem darstellen, er bittet einfach um Kontaktaufnahme über die angehängten Kontaktdaten.

Ich sehe das SCR in der Zielsetzung als Pendant zu unserem DEUVET. Lt. eigener Aussage dokumentiert man umfassend die Historie der individuellen Mobilität und will durch die SCR Collection den Transfer von Wissen und Know-How dazu fördern. Das Motto lautet „Ohne Herkunft keine Zukunft“, das Ziel „Fahren und Bewahren“. Ich hatte mir im Vorfeld vom DEUVET fünf Exemplare der 11 Thesenpapiere schicken lassen und habe diese dort an verschiedene Leute übergeben.

Felix Aschwanden vom SCR referierte über das in der Schweiz durchaus diffizile Thema „Originalität“ im Zusammenhang mit der Homologation eines Fahrzeuges als historisches Fahrzeug. Im Unterschied zu Deutschland legen die schweizerischen Behörden hierbei nämlich großen Wert darauf, dass etwaige Änderungen gegenüber dem Auslieferungszustand tatsächlich vor mindestens 20 Jahren vorgenommen wurden, und nicht wie bei uns, hätten vorgenommen werden können. Dieser Konjunktiv ist für uns natürlich eine großartige Erleichterung. Der SCR hat hierfür den „Compass Vehicle Life Cycle“ entwickelt. Leider habe ich dieses Piktogramm bisher nicht zur Verfügung, ich bemühe mich darum, es zu bekommen.

Dann referierte Georg Dönni am Beispiel zweier extrem seltener Fahrzeuge die Anwendung dieser Grundsätze. Georg ist ein über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannter Besitzer einer High-End Restaurierungsbetriebes, der schon eine Vielzahl historisch bedeutsamer Jaguare restauriert hat, unter anderem das E-Type Coupé vom Genfer Salon 1961. Außerdem ist er der Vizepräsident des JDCS und deren Registrar für die alten XKs. Er hatte die beiden Fahrzeuge als Anschauungsobjekte zum derzeitigen Stand der Restaurierung dabei, siehe Anhang. Beim ersten handelt es sich um einen SS100 aus dem Besitz des deutsch-polnischen Adeligen Alexander von Hochberg, der auf mysteriöse Weise nach dem Krieg im Stil des legendären Saoutschik-Roadsters umgebaut wurde, allerdings mit sehr zweifelhaften handwerklichen Methoden und Fertigkeiten. Die originale SS100-Substanz ist natürlich weg, und die Substanz des nachträglichen Umbaus ist nicht mehr zu retten bzw. des Rettens nicht würdig. Hier wird versucht, einen Neuaufbau nach dem Grundsatz „so hätte er sein müssen“ vorzunehmen. Der XK120 OTS wird im Auftrag von Christian Jenny restauriert und ist insofern von Bedeutung, als es die Fahrgestellnummer des dritten gebauten RHD-Alu-Roadsters trägt, obwohl es sich um einen Linkslenker handelt. Offensichtlich entstand das Auto zuerst als RHD und wurde auf Drängen der Kundin noch im Werk als Linkslenker umgebaut, behielt aber die Fg.-Nr. eines Rechtslenkers. Die Kundin war die zu jener Zeit berühmte Primaballerina Rosella Hightower. Der originale Motor ist verschollen, aber man hat einen zeitgenössisch korrekten XK120-Motor ausfindig gemacht, dessen Nummer nur wenige Stellen von der des Originals abweicht. Die Alusubstanz ist so gut, dass sie komplett gerettet werden kann, mit Ausnahme des unteren Verbindungsbleches der beiden vorderen Kotflügel. Dafür muss sehr viel Holz der Unterkonstruktion erneuert werden. Bei diesem Fahrzeug erfolgt die Restaurierung nach dem Grundsatz so viel wie möglich von der originalen Substanz zu bewahren. Ein Problem ist dabei die Entscheidung, was man mit dem originalen Lack am Rahmen und Anbauteilen macht bzw. wie man daran Ausbesserungen vornimmt. Die Karosserie wurde neu lackiert, wobei es auch in der Schweiz nicht mehr möglich ist, originalgetreue Nitrolackierungen auszuführen.

Es folgte der Vortrag von Marcel Widler, der mit seiner Firma „Goodtimer“ in St. Margarethen bei St. Gallen beheimatet ist und sich mit dem Thema „Youngtimer“ befasste. Als Beispiele wurden MGF bzw. TF, BMW 850, BMW Z1, Golf I, Honda CRX oder FIAT Ritmo genannt. Der Wert dieser Fahrzeuge bei entsprechendem Zustand hat sich in der Schweiz von 2015 bis 2020 in etwa verdoppelt. Interessant war ein Vergleich der Wertschätzung verschiedener Klassiker bei der Generation der 65-jährigen zur Generation der 35-jährigen. Die „Groß-Ikonen“ wie Ferrari GTO, 300 SL oder E-Type stehen bei beiden Gruppen relativ gleichwertig da. Ansonsten richtet sich die Wertschätzung aber deutlich nach dem eigenen Erleben bestimmter Modelle in der Jugend. So stürzt die Mercedes Pagode in der Wertschätzung der Mittdreißiger total ab.

Es folgte eine Art Paneldiskussion von Marcel Widler mit drei jungen (ca. 30 Jahre alt) Fahrzeugrestauratoren. Dazu gehörte Maja Guetg, die im Aargau eine markenfreie Werkstatt besitzt, in der schwerpunktmäßig Alfa Romeos aller Baujahre betreut und restauriert werden, Marvin Pfister, Werkstattleiter bei Marcel Widler und Michael Hugener, der sich als junger Mann mit einer markenfreien Werkstatt im Bereich Youngtimer selbständig gemacht hat. Es ging generell um das Interesse der Generation der jetzt 30-jährigen an klassischen Fahrzeugen, also um die Leute, die auch wir im Club dringend als Nachwuchs bräuchten. Deren Interesse an Vorkriegsfahrzeugen geht naturgemäß zurück, ist aber doch vorhanden. Es besteht aber trotz der in der Regel überschaubaren Technik stets die Befürchtung, mit der Ersatzteilversorgung, Werkzeugen und fehlender Dokumentation nicht klar zu kommen. Nachkriegsfahrzeuge stehen genauso hoch im Kurs wie bei uns, mit evtl. anderen Marken- und Typpräferenzen (siehe oben). Ein klein wenig können auch, gerade bei großen V8-Motoren auch ökologische Aspekte hereinspielen. Bei den Youngtimern steht der Aspekt relativer Erschwinglichkeit im Vordergrund. Der Zeitpunkt zur Anschaffung muss eben passen, d.h. wenn man beruflich und familiär dazu den Spielraum hat. Hohes Klassikerpotential haben seltene Sondermodelle oder Ausstattungen. Die Ersatzteilproblematik verschiebt sich hier zur Elektronik hin, so ist das mögliche Klonen von Steuergeräten ein wichtiges Thema. Hier liegt ein echtes Problem in puncto Langlebigkeit. Alle drei warben für den bewussten Umgang mit Werkzeugen, Testgeräten, Dokumentation und Ersatzteilen, mit anderen Worten deren Bewahrung und für die politische Förderung von E-Fuels.

Aus dem Auditorium kam von einem Redakteur einer Schweizer Automobilzeitschrift der Appell, im Sinne der Nachwuchsgewinnung mehr Werbung zu machen und jungen Menschen die Angst vor dem Oldtimerfahren zu nehmen. Das Motto könnte lauten „Türen auf, Hauben auf und mitfahren lassen“! Damit endete der erste Teil.

Nach etwa 30 Minuten Pause begann der Teil „Quo Vadis Future Mobility“.

Passend zum Thema waren drei Fahrzeuge im Saal aufgestellt: ein batterieelektrischer Jaguar I-Pace, ein wasserstoffgetriebener Toyota Mirai und ein 20 Jahre alter VW Beetle, der im Versuchsbetrieb ausschließlich mit reinem Methanol gefahren wird.

 Zum Thema batteriegetriebene Fahrzeuge (Battery Electric Vehicles, BEV) referierte Prof. Andrea Vezzini von der Fachhochschule Bern, Studienort Biel unter der Überschrift „Alles fokussiert auf die Batterie“. Er führte aus, dass die Entwicklung der Batterien mit dem vornehmlichen Ziel, deren Gewicht zu reduzieren, natürlich fortschreite. Die Wachstumsbremse in der Produktion ist der steigende Bedarf an Rohstoffen. Interessant war seine Aussage zum Thema Recycling: es gelte, die Materialien in Europa zu halten, um sich über den Umweg des Recyclings in China nicht in eine erneute Abhängigkeit zu begeben. Außerdem gelte es, über die Lebenslaufverfolgung der Batterien mit geeigneten Mess- und Prüfmethoden bessere Daten zur Bewertung von deren tatsächlichem Zustand zu erhalten. In der Schweiz machen BEVs mittlerweile etwa ein Drittel der Neuzulassungen aus. Es gibt inzwischen etwa genauso viele Ladestationen wie Tankstellen, jeweils um die 3.500. Dieser Vergleich hinkt nach meiner Einschätzung aber, denn der Energiefluss aus einer Ladestation kann nicht mit dem Energievorrat einer Tankstelle verglichen werden. Da der Professor aber sehr sympathisch und eloquent herüberkam, stellte niemand aus dem Auditorium die passende Frage dazu.

Hannes Gautschi referierte über „Wasserstoff im Alltagsauto“. Es gibt derzeit nur eine Wasserstofftankstelle in der ganzen Schweiz, und eine maßgebliche Vergrößerung dieses Netzes ist vorläufig auch kaum zu erwarten. Theoretisch wäre Wasserstoff durch Elektrolyse fast überall, wo es Wasser gibt herzustellen, aber das erste Problem ist die möglichst verlustarme und sichere Lagerung des hochgradig flüchtigen Stoffes und der Umstand, dass die sehr energieaufwändige Elektrolyse nur dann Sinn mache, wenn sie ausschließlich mit „grünem Strom“ erfolge. Dies gälte natürlich in gleicher Weise für das Laden von BEVs, mit dieser Aussage bestätigte er meine Auffassung zum Thema.

Albert Vollmer von der „Silent Power AG“ sprach zum Thema „Methanol, die perfekte Lösung“. Methanol ist die nach Erdöl die am zweitmeisten transportierte Flüssigkeit der Welt und praktisch überall erhältlich. Der in Zusammenarbeit mit dem SCR als Versuchsträger mit Methanol gefahrene VW Beetle wurde ausgewählt, um auf kostengünstige Weise die Umstellung eines vorhandenen Autos auf einen anderen Energieträger zu erproben. Man war selbst überrascht, wie einfach und problemlos dies auf Anhieb funktionierte. Methanol könne alle vorhandenen fossilen Energieträger ersetzen, es sei aber eine globale Lösung vonnöten. Weiteres dazu kann man auf ihrer Webseite erfahren, siehe Anhang.

So wie ich es verstehe, ist Methanol auch der erste Baustein von E-Fuels bei deren Erzeugung, im Anhang ein Auszug aus dem Flyer des deutschen E-Fuels-Forums. Auffällig war, dass man die Thematik frei von ideologischer Verkrampfung hielt, so wie es in Deutschland zu befürchten wäre. Eine weitere Veranstaltung in der Schweiz zum Thema E-Fuels findet am 27. Mai in der Messe Luzern statt, hier der Link dazu:  https://www.swissclassicworld.ch/index.php/die-messe/synfuels-forum

Auf den letzten Teil „Modularität im Plattformbau“ habe ich dann verzichtet, da ich noch die Heimfahrt vor mir hatte. Insgesamt war es eine sehr interessante und lohnenswerte Veranstaltung.

Axel Großmann